Ozlberger Fleischhauerei

Portrait

16. April 2024

Wie führt man erfolgreich über sechs Generationen einen Handwerksbetrieb? Mit Dry Aged Fleisch und Grillkursen? Mit neuen Geschäftsfeldern und Kunden? Oder gar mit einer eigenen Regionalmarke? „Ja“, lautet die Antwort von Othmar Ozlberger. In seinem Betrieb macht er all das!

Mehr als ein Job

Im malerischen Hartkirchen, gleich neben der Dorfkirche, befindet sich seit 1890 die Fleischhauerei Ozlberger. Den Grundstein damals legte Alois Ozlberger, Ururur-Großvater des jetzigen Chefs. Wie damals üblich, waren Landwirtschaft, Viehhandel, Fleischhauerei und Wirtshaus unter einem Dach. Im Laufe der Zeit fand eine Fokussierung der Tätigkeitsbereiche statt. Mittlerweile ist neben Schlachtung und klassischem Handwerk die Belieferung von Gastronomie und Betriebskantinen das Hauptgeschäft.

Wie gelingt es, über 130 Jahre lang einen Betrieb – und erst die Leidenschaft für den Beruf – von einer Generation zur nächsten weiterzugeben? „Ich bin als kleiner Bub schon hier herumgelaufen“, blickt Othmar Ozlberger lächelnd zurück. Ohne Druck, aber mit Stolz, habe sein Vater das unterstützt. „Ich bin immer mit, wenn wir bei Bauern Schweine abgeholt haben.“ Montags musste er nie in den Kindergarten, denn da war Schlachttag. Die Eltern sprachen zu Hause nie schlecht über den Betrieb: „Gleichzeitig wusste ich, dass es nicht nur lustig und schön ist.“ Zur Leidenschaft kam dann die fünfjährige Ingenieursausbildung an der HTL Hollabrunn mit Schwerpunkt „Lebensmitteltechnologie und Lebensmittelsicherheit“, im Anschluss die Meisterprüfung an der Fleischerschule in Landshut.

Natürlich freut sich der 35-Jährige, wenn eines oder mehrere seiner drei Kinder den Betrieb einmal übernehmen, in welcher Form auch immer „Unsere Tochter beispielsweise interessiert sich sehr und will das machen, was die Oma macht.“ Renate Ozlberger organisiert nämlich den kaufmännischen Bereich und kümmert sich um die Filiale, inklusive Mittagstisch, Catering- und Partyservice. Zusätzlich haben sich Mutter und Sohn auch die Großkunden aufgeteilt. Vater Othmar senior ist als Fleischermeister ebenfalls noch aktiv. „In der Produktion profitieren gerade die jungen Mitarbeiter von seiner jahrzehntelangen Erfahrung“, betont der Sohn. Und überhaupt schneide keiner so grammgenaue Schnitzel wie der Papa.

"Das Betriebsklima muss passen. Wir sind ein Team, machen gemeinsame Ausflüge wie Eisstockschießen oder Ritteressen - das schweißt zusammen!"

Othmar Ozlberger

Abheben von Grosshandel & Co

Lange Zeit stieg der Preisdruck, nicht zuletzt durch internationale Mitbewerber. „Oftmals mussten wir den Preis unserer Produkte rechtfertigen – und indirekt die bessere Qualität“, erklärt Ozlberger. Deshalb gründete der junge Metzgermeister vor gut zehn Jahren die eigene regionale Marke „Eferdingerlandl Schwein“. Die Schweine stammen aus dem Bezirk Eferding, jedes Schwein fährt weniger als 20 Kilometer zur Schlachtung. Gleichzeitig schreibt Ozlberger seinen Vertragsbauern die Fütterung vor. „Selbstverständlich gentechnikfrei. Ohnehin verwenden unsere Bauern bis zu 100 % Futtermittel aus eigener Landwirtschaft. Das erhöht die Regionalität nochmals.“ Die umliegenden Mäster waren sofort dabei, auch weil Ozlberger faire Preise zahlt. Was aber hat die Gastro-Küche davon? „Die von uns belieferten Betriebskantinen oder Krankenhäuser zeichnen das ‚Eferdingerlandl Schwein‘ sehr gerne aus. Es ist echte Regionalität, die wirklich was bringt.“ Insgesamt werden in der frisch renovierten Schlachterei gut 4.000 Schweine im Jahr geschlachtet. Die Einführung der Herkunftskennzeichnung bewertet Othmar Ozlberger als positiv. „Wir sehen seit September letzten Jahres einen stärkeren Umsatz bei Gemeinschaftsverpflegern. Die Herkunft spielt vermehrt eine Rolle.“

Halbfertig – vollwertig!

Bei der handwerklichen Tätigkeit schlägt sein Herz für die Wursterei. „Zur Anfangszeit im Betrieb war das definitiv mehr als jetzt. Mittlerweile überwiegen andere Tätigkeiten wie beispielsweise die Kundengewinnung“, resümiert Ozlberger. Und das gelingt ihm und Mutter Renate äußerst erfolgreich. Zu seinen betrieblichen Abnehmern gehören die namhaftesten oberösterreichischen Unternehmen und Krankenhäuser. „Neben der hohen Qualität sind wir auch geografisch günstig gelegen und schnell zwischen den Städten Linz, Wels, Steyr, aber auch im Mühlviertel unterwegs.“ Mit einzelnen saisonalen Produkten werden auch große Handelsketten beliefert.

Bei Gastro-Kunden und Großverpflegern punktet der Betrieb mit durchdachtem Convenience. Das beginnt schon bei der Anlieferung fertig geplätteter Schnitzel, foliert in der normierten Euro Box, was zeitaufwändiges Aufschneiden unzähliger Vakuum-Verpackungen erübrigt. Frisch und in bester Qualität werden auch viele Halbfertigprodukte an Kantinen ausgeliefert. Rund 20 verschiedene Speisen können in hoher Stückzahl und mit erstaunlich kurzem Vorlauf angefertigt und ausgeliefert werden. Gefüllte Paprika, Krautwickler oder Rindsrouladen werden mit Gemüse aus dem Eferdinger Becken hergestellt und erfreuen sich großer Beliebtheit. „Portionsgrößen auf Kundenwunsch sind für einen Handwerksbetrieb ja kein Problem. Gleichzeitig schmeckt der Tischgast in der Kantine, dass es nicht tiefgekühlt aus dem Großhandel ist.“ Durch frische Zutaten und viel Handarbeit verdienen diese Produkte das Prädikat „hausgemacht“. Und wenn eine Großküche 25.000 Fleischbällchen nach eigener Rezeptur bestellt, werden diese ebenfalls produziert. Auf intelligente Weise schließt der Betrieb der Familie Ozlberger damit die Lücke zwischen Qualitätsanspruch und Fachkräftemangel in der Gastronomie. „Und in letzter Konsequenz sind wir mehr als ein ‚AT‘ auf einem Etikett. Wer bei uns kauft, kennt den Familienbetrieb, kann jederzeit kommen und die Küchenleiter können mich praktisch rund um die Uhr persönlich erreichen“, fasst Ozlberger zusammen.

Anhand der Halbfertigprodukte zeigt sich auch die kaufmännische Philosophie, die hinter dem Erfolg steckt: „Man muss in unserer Branche innovativ sein! Es gibt immer wieder Trends und die gilt es zu bedienen“, ist sich der Fleischermeister sicher. Als während der Pandemie notgedrungen alle zu Hause blieben und gefühlt jeder zum Grillmeister wurde, entwickelte Ozlberger ein „Steakbook“ und forcierte seinen hauseigenen Onlineshop. „Der Umsatz dort ist nicht entscheidend“, stellt er klar. „Aber durch die Onlinepräsenz kommen vermehrt Kunden ins Geschäft, lassen sich beraten und kaufen hier.“ Zuvor gab es einen Hype um Burger, die mittlerweile auf jeder Karte stehen und auch hier kaufe die Gastronomie nun gerne die Metzgerqualität. „Unser Ziel ist es, ein halbes Jahr in die Zukunft zu schauen.“ Und wer für Steaks ins Geschäft kommt, nimmt auch gerne an den legendären Grillkursen teil. Rund zehn Kurse finden pro Jahr statt und auch hier versucht man, sich bewusst abzuheben. „Wir sind in einer Fleischhauerei, also legen wir einen Rinderrücken hin und erklären die Cuts verschiedenster Steaks.“ Gegrillt wird mit hochwertigen Stücken, ohne billige Magenfüller.

Kein Jammern über den Nachwuchs?

Selbst bei Fachkräften scheint in Hartkirchen die Welt in Ordnung zu sein. Eine Mitarbeiterin hat gerade ausgelernt, drei sind aktuell noch in der Ausbildung. In der Zerlegung arbeiten Mitarbeiter aus der Slowakei, für die es Personalwohnungen gibt und die sich nach kürzester Zeit perfekt ins Team integriert hätten. „Mit Sicherheit kommt uns zugute, dass wir von der Schlachtung bis zur Wurstproduktion alles abdecken. Bei uns lernt und sieht man also alles.“ Gleichzeitig helfe das immer noch landwirtschaftlich geprägte Umfeld, denn viele Lehrlinge stammen von Bauernhöfen: „Da stimmt der Bezug zum Tier ebenso wie die Arbeitseinstellung.“ Spannende Ausbildungskonzepte gibt es obendrauf: Wer etwa an der Landwirtschaftlichen Fachschule in Waizenkirchen bereits die Ausbildung zum landwirtschaftlichen Facharbeiter abgeschlossen hat, steigt in der Ausbildung zum Fleischhauer gleich im zweiten Lehrjahr ein. Was sich woanders neudeutsch „Employer Branding“ schimpft, schwingt im Gespräch mit dem jungen Chef ganz natürlich mit: ein respektvoller Führungsstil. „Das Betriebsklima muss passen. Wir sind ein Team, machen gemeinsame Ausflüge wie Eisstockschießen oder Ritteressen – das schweißt zusammen!“ Wer den Betrieb der Familie Ozlberger kennenlernt, ihre Leidenschaft fürs Handwerk und die kreativen Ideen für die Zukunft, der muss sich um die nächsten Generationen keine Sorgen machen.